«Uster hat sich Inklusion zum Thema gemacht, unsere Stadt soll für alle da sein, jeder und jede gehört dazu.» Mit diesen Worten eröffnete Patricia Bernet, Schulpräsidentin von Uster, den ersten Teil der Bildungsreise. Im Jahr 2023 hat Uster zum ersten Mal die Schulzuteilung digital durchgeführt. Das Tool habe zu grossen Diskussionen in der Stadt geführt, so Bernet. Erfreulicherweise habe es kaum Widerstände von Seiten Eltern und Politik oder kritische Medienberichte gegeben. «Wir sind überzeugt, dass die Verknüpfung von Digitalisierung und der Erhöhung von Chancengerechtigkeit sinnvoll und für alle gewinnbringend ist. Aber wir sind noch nicht dort, wo wir sein sollten», sagt die Stadtpräsidentin.
Algorithmisch unterstützte Schulzuteilung für mehr Chancengerechtigkeit
Chance Digitalität lud zu einer Bildungsreise nach Uster ein. Als erste Gemeinde der Schweiz setzt die Stadt seit 2023 einen Algorithmus für die jährliche Schulzuteilung ein. Gemeinsam mit Entscheidträger:innen aus Bildungsverwaltung und -politik hat Chance Digitalität einen Blick hinter die Kulissen geworfen, um zu verstehen, wie die Einführung gelingen konnte.
Erfolgsfaktoren und Stolpersteine bei der Einführung
Die Bildungsreise nach Uster ging der Frage nach, was Erfolgsfaktoren und Stolpersteine sind bei der Einführung eines solchen Tools. Welche Ängste löst ein solches Vorhaben bei den Eltern und Lehrpersonen aus? Wie kann man auf diese Ängste reagieren?
In ihrem Impulsreferat fokussierte Dr. Andrea Erzinger von der Universität Bern auf die Bedeutung von Schulhaus- und Klasseneinteilung für die Chancengerechtigkeit. «Bekannt ist, dass die soziale Entmischung in den Quartieren bereits zu Beginn des Zyklus 1 zu segregierten Schulen und Klassen führt», betonte Erzinger. «Die Selektionsleistung des Bildungssystems wirkt sich auf den Bildungserfolg der Schüler:innen aus und kann Bildungschancen beeinflussen.»
Dr. Oliver Dlabač, Politologe, Gründer von VILLE JUSTE und Entwickler des Algorithmus, präsentierte den Teilnehmer:innen aus verschiedenen Kantonen das isa-Tool, das hinter der digitalen Schulzuteilung steckt. Das Tool nutzt schuleigene Daten und generiert Vorschläge, wie die Einteilung von Schüler:innen chancengerechter gemacht werden könne. «Bei der Zuteilung der Schüler:innen auf Schulhäuser und Klassen ist auf die Länge und Gefährlichkeit des Schulwegs und auf eine ausgewogene Zusammensetzung zu achten», sagt Dlabač.
Und was sagen die Teilnehmer:innen?
«Ich bin politisch tätig und mich interessiert, wie man ein solches Vorhaben strategisch angeht und die Menschen mit ins Boot holt», sagt René Nussbaumer, Mitglied der Schulpflege der Stadt Wallisellen. David Schuler, Rektor der Volksschule Stadt Luzern, will die Klasseneinteilung in seiner Stadt noch besser machen. «Ich bin gespannt, welche Chancen hier die Digitalisierung bietet», sagt er. «Mich interessiert vor allem die Frage, wo die Hebel sind, die direkt auf eine chancengerechtere Schule einwirken», so Mirjam Obrist, Leiterin Abteilung Bildung und Sport Stadt Baden. «Ist es wirklich die Frage nach der Schulzuteilung oder ist es das Agieren der Lehrperson im Unterricht?»
Bildungsreise schafft Raum für Austausch und Vernetzung
Mit der Bildungsreise will Chance Digitalität einen Raum schaffen, in dem die Teilnehmer:innen sich austauschen können - auch informell bei einem Mittagessen, in den Pausen und beim gemeinsamen Abendessen. «Wir schaffen Gefässe, um voneinander zu lernen, sich zu vernetzen und mit den Themen Chancengerechtigkeit und Bildung in der Zeit der Digitalität auseinanderzusetzen», sagt Céline Jacot-Descombes, Projektleiterin von Chance Digitalität. «Wir hoffen, mit unseren Angeboten das Bildungssystem in der Schweiz zukunftsfähig und chancengerechter zu machen.»